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Wir haben die Epilepsieseite aufgeteilt. Die Links findet Ihr nun unter einem Extrapunkt unter Epilepsie.
Eine "medizinische Seite" wird
hier nicht zu finden sein, darum haben wir die Links zu diesem Thema eingestellt, dort ist besser als wir das könnten alles zu finden und beschrieben.
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Die Hölle im Kopf
Wir wollten eigentlich Urlaub machen mit unseren
Hunden und unserer Tochter zusammen im Wohnwagen
im Schwarzwald.
Es begann alles damit, dass unsere Hunde beide den Zwingerhusten bekamen
und Asco zusätzlich einen Darminfekt , der zwar ohne Fieber und Erbrechen,
dafür aber mit unaufhörlichem blutigen Durchfall sehr
belastend für ihn war. Er
bekam dagegen Medikamente.
Dann wurde noch festgestellt, dass seine Prostata stark vergrößert war und ihm
wurde ein chemisches Kastrationsmittel injiziert. Es
ging ihm dann besser, drei
Tage später war auch der Durchfall weg und wir fühlten
uns in trügerischer Sicherheit
und atmeten auf. Wir fuhren nach Hause und der
Alltag hatte uns wieder.
Nur, dass dann nie wieder
auch nur ein Tag Alltag war,
kein Tag war wie all die Tage vorher, vor den Anfällen.
Kein Tag verging bisher,
an dem wir nicht Angst um
unseren Asco hatten, keine
Nacht in der wir nicht bei
jedem Geräusch hochfahren,
weil wir den nächsten Anfall befürchten.
Der erste Anfall kam völlig unerwartet. Asco hatte bis
zu dem Tag nie auch nur ansatzweise irgendwelche Anfallsarten gehabt. Er war
bis dahin ein völlig normaler
Hund.
Es war Sonntagabend, der 15.Oktober 2006 und mein
Mann wollte die Hunde zur l
etzten Runde rauslassen.
Asco wurde nur sehr schlecht wach, sonst ist er immer der Erste, der merkt, dass es
raus geht. Wir mussten ihn wachrütteln. Wir fanden es
sehr merkwürdig, dachten
jedoch, er wäre einfach nur erschöpft von der Heimreise
vom Urlaub und von seiner überstandenen Erkrankung.
Der Abend verlief noch völlig normal. Ich ging ins Bett und wurde gegen 23.30 Uhr aus
dem Schlaf gerissen. Unser
Hund lag unter unserem riesigen rollbaren Vogelkäfig, der Käfig schlug gegen die Wand, die
Vögel flatterten, der Hund
schlug mit allen Gliedmaßen
unter dem Käfig verkeilt um
sich. Nur mit großer Kraftanstrengung, da er
völlig verkrampft war, gelang
es mir den Hund unter dem
Käfig hervorzuziehen. Dann
erst merkte ich, dass er
völlig weg war. Er war total
nass und ein Kotbällchen lag
unter ihm. Ich hielt ihn im
Arm und er schrie, schrie, schrie!
Ich hatte nur die Vorerkrankung im Kopf, dachte an Darmverschluss, äußerste Schmerzen, innere Blutungen
und war überzeugt, den Hund innerhalb der nächsten Sekunden in meinen Armen sterben zu sehen. Mein Mann hatte Nachtschicht. Unsere Tochter
rief ihn an und er kam so schnell es ging nach Hause. Der Hund
war bis dahin immer noch nicht ansprechbar. Unser Tierarzt war glücklicherweise noch zu erreichen, besser, wir haben ihn geweckt.
In dem Moment als ich den Tierarzt am Telefon hatte,
rollte sich mein Asco auf die Brust und schaute völlig erschöpft in die Welt. Erschöpft, kraftlos, ja, aber er war wieder da. Wenigstens das. Er hatte
nach dem Anfall Gehörverlust, Hyperaktivität am Tag danach, großen Durst, anscheinend war
das Sehen schlechter und er
nahm alles offenbar anders
wahr. Er reagierte kaum auf Ansprechen, besser auf winken, das heißt ich musste ihm ein "Komm" mit rudernden Armen zeigen. Am nächsten Tag
stellten wir ihn unserer Tierärztin vor, es wurde Blut abgenommen, eine Kotprobe wurde ebenfalls untersucht. Das Blut wurde bis
ins Detail untersucht, alles erfolglos, die Kotprobe ebenfalls. Der Hund machte einen gesunden Eindruck. Wir hofften, dass sein Anfall der Einzige bliebe, da er bisher nie etwas hatte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Zwölf Tage später, am 27. Oktober 2006, kam der zweite Anfall. Wieder in der Nacht, wieder kurz vor Mitternacht. Wieder um Halbmond, wieder schlief er so besonders fest. Es war keine besondere Anstrengung, kein Streß und keine Aufregung gewesen. Alles normal. Der
Anfall verlief fast ebenso
wie der erste, heftig
schlagende Gliedmaßen,
einnässen, Zähneschlagen und er schrie, schrie und schrie.
(Diese Bilder entstanden in der ersten Minute nach seinem 2. Anfall, leider sind die Bilder von der Qualität sehr schlecht, auf Grund der Tatsache, dass ich den Apparat nicht ohne zittern festhalten konnte. Ich bitte dies zu entschuldigen.)
Danach konnte er etwa eine halbe Stunde nicht schlucken und ließ alles herauslaufen beim Hecheln. Dann schlief er später ein. Da wir wussten, was es war, konnten wir diesen Anfall etwas ruhiger sehen, aber die Qual die man als liebender Hundebesitzer mitmachen muss, kann man nicht beschreiben. Wenn man den geliebten, besten, liebsten Hund, den Herzenshund dort liegen
sieht und man ist zu absoluter Hilflosigkeit verdammt, dann kann man daran zerbrechen. Man muss schon alle Stärke und Kräfte mobilisieren um nicht innerlich
zu einem Scherbenhaufen zu zerfallen.
Wir hatten gehofft, dass diese Anfälle aufhören würden, wenn
die Wirkung der Medikamente, besonders des Kastrationsmittels, nachlassen würde.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Fast auf den Tag genau zwei Monate später am 28. Dezember 2006, wachten wir morgens um kurz nach sechs von dem schrecklichen Geräusch auf,
das wir nur zu gut mittlerweile kannten. Asco's schlagende, kratzende und im Liegen wie
irre galloppierende Beine
erzeugen es. Es hört sich an,
als ob die Hunde auf den Krallen wie rasend über den Teppichboden kratzen, als ob sie ein Loch im Teppich graben würden. Ein Geräusch bei dem ich aus dem Bett schieße und von 0 auf 100 schneller beschleunige als jeder Rennwagen. Er lag mit dem
Rücken an meinem Klavier, er hatte sich die Nase ein wenig aufgeschlagen. Ich zog ihn auf seine Decke. Er war schon völlig eingenäßt und eingekotet. Morgens ist der Darm natürlich total voll. Der Anfall war ebenso wie alle anderen vorher auch ein Grand Mal Anfall. Man könnte auch sagen der größte anzunehmende Ernstfall für
Hund und Besitzer.
Ich wollte ihm die Zunge etwas zwischen den Zähnen entfernen, dabei hat er mich gebissen, also musste ich auch das lernen, nicht in die Nähe seiner Zähne zu gehen. Ich redete beruhigend
mit ihm, streichelte ihn nur vorsichtig und ich hatte deutlich das Gefühl, dass er genau
wusste, dass ich da bin. Gegen Ende des Anfalls entleerte sich der komplette Darm. Und es kam wie jedes Mal, er schrie, schrie und schrie.
Hinterher war er jedoch schneller wieder fit, als bei den ersten Anfällen. Er hat danach geschlafen und als er dann wieder wach wurde, war ihm eigentlich nichts mehr anzumerken, er war sogar ruhiger als vor dem Anfall.
Es war wieder Halbmond, kein Streß vorher, nichts.
Das war bisher sein letzter Anfall. Wir sind uns nun jedoch sicher, dass es weitere Anfälle mit hoher Wahrscheinlichkeit geben wird.
Wir haben mit ihm eine
Behandlung bei einer Tierheilpraktikerin begonnen die mit Bioresonanztherapie arbeitet. Vielleicht kann so der Beginn einer Therapie mit Antiepileptia wengistens herausgezögert werden. Bisher hat auch die Heilpraktikerin nicht die Ursache gefunden. Positiv ist, dass sie keine Erkrankung gefunden hat
und Asco wenigstens ansonsten ein gesunder, vitaler Hund ist. Asco wird entgiftet, damit die Reste der Medikamente aus seinem Körper verschwinden. Wir
machen diese Behandlung mit Begleitung durch unsere
Tierärztin und mit Ratschlägen vieler Betroffenener. Auch eine Kastration ist noch in eventueller Planung, schon wegen der Vergrößerung der Prostata, und auch weil eventuell wenigstens die hormonellen Gründe für einen Anfall ausgeräumt werden können. Noch warten wir allerdings die naturheilkundliche Behandlung ab.
Apollo zeigt sich in dieser Situation sehr rücksichtsvoll, er zieht sich zurück, als ob er
nicht stören wollte. Er ist auch hier wieder ein wunderbarer Hund.
Es mag Menschen geben, die sagen, wir machen nicht genug.
Es mag Menschen geben, die uns vorhalten, wir hätten das Falsche getan.
Es mag auch Menschen geben, die uns die Schuld geben.
Wir stehen noch am Anfang.Wir müssen noch vieles abklären und vielleicht viele Untersuchungen machen lassen und wir müssen einen Weg finden, mit dieser Krankheit unseres Hundes zu leben. Wir müssen Wege finden, ihm trotzdem ein schönes und lebenswertes Leben zu ermöglichen. Ein würdevolles
gutes Leben. So lange wie möglich.
Wir müssen auch einen Weg für uns finden. Lernen, mit der Panik im Augenblick des Anfalles zu leben. Mit der Angst, dass jeder Anfall auch sein letzter sein könnte und er in den Status Epilepticus fällt und einer von den tödlich endenden etwa 50 % zu sein der eben nicht gerettet werden kann. Nach außen sind wir wie immer. Aber es fällt schwer. Besonders in Momenten wie jetzt, in dem ich das hier schreibe. Oder wenn wir die Hunde allein lassen müssen, weil wir nun einmal arbeiten gehen müssen. Oder wenn wir auf Menschen treffen, die sich nicht vorstellen können, dass man mit einem Hund so leiden kann, weil es eben für viele Menschen "nur ein Hund" ist. Es fällt schwer, eine Diagnose zu hören, die man nicht hören will. Es fällt schwer, zu erkennen, dass es immer noch ein Tabu ist darüber zu reden und Ungerechtigkeiten zu begegnen. Es fällt schwer zu akzeptieren. Es fällt schwer...so vieles.
Tränen die man nicht weinen kann, werden zu eisernen Ringen ums Herz.
Ein Weg war es für uns darüber zu reden, mit der Familie, mit Freunden, mit Betroffenen. Ein weiterer ist es, das hier niederzuschreiben, obwohl ich immer noch blockiert bin und nicht die Worte rauslassen kann, die eigentlich immer noch in mir sind.
Für den Ernstfall liegt hier alles bereit, ich habe mir Diazepam-Tropfen von unserer Tierärztin geholt, Zäpfchen werden bei ihm nicht gehen, weil er eben
jedesmal einkotet. Wir haben
was homöopathisches ebenfalls
da. Die Tierarztnummer kennt jeder auswendig in unserer Familie. Sogar unsere mittlerweile 15jährige Tochter ist hier von
uns auf den Notfall "eingearbeitet" worden, denn es kann ja jederzeit passieren. Mit dieser Erkrankung lebt man ständig auf dem Sprung, auf dem Rand des Vulkans.
Wir sind trotzdem dankbar. Dankbar, dass wir fast neun Jahre mit ihm hatten, in denen
er einfach ein guter, treuer, schöner, kluger, genialer, oft änstlicher und unsicherer, tapferer, mutiger, schwieriger, einfacher, liebevoller, reizender, knurriger, brummiger, verspielter, lauter, ruhiger, wählerischer, melancholischer, lustiger fast gesunder Hund war, bis auf ein paar normale Ausnahmen. Dankbar, dass er jeden Anfall lebend und ohne auffallende Beeinträchtigungen überstanden hat. Dankbar, dass wir nicht wie so viele Besitzer schon mit einem jungen Hund diese Erkrankung erleben müssen und viele Jahre mit sehr häufigen Anfällen leben müssen.
Und dankbar, dass wir so viele liebe Leute gehört haben, die
uns Mut machten und die unsere Sorgen angehört haben, die sich auf unsere Seite geschlagen haben, die uns an ihren Erfahrungen mit dieser Erkrankung teilhaben ließen.
Hoffentlich bleiben uns diese Menschen erhalten und wir können hoffentlich für diese Menschen auch einmal der Anker sein, der sie für uns waren und sind.
Nachtrag
07.März 2007, 23.55 Uhr:
Radau im Flur... das Licht anmachen und losrasen ist eins. Es geht weiter, es geht wieder los. Wieder ein großer Anfall, alles wie immer. Die Bioresonanztherapie und die Homöopathie sind anscheinend doch zu schwach. Wir werden es nun doch mit Luminal versuchen und hoffen, dass er damit gut zurecht kommt und die Anfälle weniger und schwächer werden, denn
die Hoffnung stirbt zuletzt.
Mal wieder ein Nachtrag zu dieser schier unendlichen Geschichte, die wohl weiter gehen wird, so lange Asco bei uns ist.
15.05.2007: Wir haben noch einmal Blut untersuchen lassen, auch auf Toxoplasmose und Asco hat einen Toxoplasmosetiter im unteren bis mittleren Bereich. Ob dies jedoch tatsächlich von größerer Bedeutung für seine Anfälle ist, kann man nicht wirklich 100 % ig sagen. Sein therapeutischer Spiegel für das Phenobarbitol liegt zu niedrig,
also müssen wir die Gabe erhöhen. Aber auch wenn die Diagnose mit der Toxoplasmose nicht so schön ist, sind wir immerhin einen kleinen Schritt weiter, es ist überhaupt das einzige was bisher gefunden werden konnte. Ansonsten ist er pumperl gesund, was absolut positiv ist. Wir werden sehen,
im Moment befindet er sich mit seinen Anfällen in der "heißen Phase", also in der Zeit müsste laut Wahrscheinlichkeit der nächste Anfall kommen, falls Luminal nicht helfen sollte oder
er schlecht eingestellt ist.
Nachtrag: Es kam bisher kein neuer Anfall, kein kleiner und
auch kein großer, es ist jetzt
der 07. August 2007. Er hatte jetzt seit 5 Monaten keinen
Anfall mehr. Er bekommt jetzt eine halbe Luminal 100mg je morgens und abends, also eine ganze Tablette täglich. Vielleicht kann irgendwann die Dosis auch wieder runtergesetzt werden.
Mal sehen.Wir werden jetzt
bald wieder sein Blut untersuchen lassen, auch ob Nebenwirkungen eintreten. Die einzige Nebenwirkung die manchmal feststellbar ist, scheint eine Hinterhandschwäche zu sein.
Auf glatten Böden und auch im abschüssigen Gelände geht ihm
die Hinterhand schon mal weg, wenn er schnell rennen möchte
und grade durchstartet. Auch zittert er manchmal hinten.
Aber damit lässt sich leicht leben. Wir bremsen ihn wenn er unsere Treppen runterschießen will so
gut es geht. Es hat auch etwas nachgelassen, nur nicht aufgehört. Ansonsten ist er wie immer, ruhiger? Nein eigentlich nicht, ruhiger eher, weil er halt alt wird, was man aber auch nicht wirklich merkt. Wir freuen uns jeden Tag, dass es ihm so gut geht, wie leicht kann das vorbei sein, das weiß man besonders zu schätzen, wenn man Krankheit erlebt und erlebt hat. Wir hoffen einfach mal, dass es ihm noch lange so
gut gehen darf.
Wir werden sehen, was kommt
und mal wieder hoffen.
Nachtrag November 2007:
Bisher keine neuen Anfälle. Seit fast 9 Monaten nicht.Wir zählen jetzt in Monaten nicht mehr in Wochen und Tagen.
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